Reaktion in der Slowakei
„Am 22. und 23. Januar 1969 wurde das Gedenken vor der Comenius-Universität in Bratislava fortgesetzt. Studenten hielten dort Ehrenwache. Am Gebäude waren wieder neue Plakate, Erklärungen und Ähnliches zu finden. Sie drückten Misstrauen gegenüber der aktuellen politischen Führung aus, da diese eine Kabinettpolitik ausübe, sie forderten die Einführung eines regulären Informationsflusses, die Ausschreibung von Parlamentswahlen und die Veröffentlichung, wann die XIV. Tagung der Kommunistischen Partei KSČ beginnt.
Aus der Verlautbarung des tschechoslowakischen Innenministeriums über den Widerhall der Tat von Jan Palach, vom 25. Januar 1969
In der Slowakei rief Palachs Tat die stärkste Reaktion unter den Studenten hervor. Vor dem Hauptgebäude der Comenius-Universität in Bratislava fanden über mehrere Tage Gedenkveranstaltungen statt, Studenten hielten Ehrenwache und organisierten eine Unterschriftenaktion für die Erfüllung von Palachs Forderungen. Einige Studenten hielten Hungerstreik. Die angespannte Atmosphäre in Bratislava nahm der Regisseur Dušan Trančík im Dokumentarfilm „Tryzna“ (Die Totenfeier) auf. Auch in weiteren slowakischen Städten traten die Studenten in ähnlicher Weise auf.
Im Gegensatz dazu nahm die Leitung der Kommunistischen Partei der Slowakei zu Palachs Tat eine abweisende Haltung ein. Die Regierung der Slowakischen sozialistischen Republik nahm am 20. Januar 1969 einen milderen Beschluss an - gemäß diesem „wird diese Bewegung von extremen politischen Kräften, die die Gefühle der Jugend ausnutzen, vereinnahmt.“ Die Staats- und Parteiorgane in der Slowakei bemühten sich diese Veranstaltungen auf akademischem Boden zu beschränken, deswegen wurden keine öffentlichen Umzüge, Kundgebungen und Seelenmessen genehmigt.
Libuše Palachová erhielt aus der Slowakei zahlreiche Beileidskarten, und zwar nicht nur von verschiedenen Organisationen, sondern auch von Einzelpersonen. Es kamen auch Geldgeschenke zum Bau eines Denkmals für Jan Palach. Am Tag seiner Beerdigung wurden alle Theateraufführungen sowohl von den slowakischen als auch von den tschechischen Schauspielern verschoben oder sogar abgesagt. Zur Beerdigung nach Prag kamen viele Menschen aus der Slowakei - mit einem ganzen Bus kamen zum Beispiel Studenten aus Zvolen. In Bratislava fand am 25. Januar 1969 trotz aller Verbote öffentlicher Veranstaltungen eine Gedenkversammlung statt, an der rund viertausend Menschen teilnahmen.
Bei den Ermittlungen zur Tat Jan Palachs arbeiteten auch die Sicherheitsdienste der Slowakei mit. Sie überprüften unter anderem die Vergangenheit der slowakischen Studentin Eva Bednáriková, die der schwer verletzte Jan Palach zu sich ins Krankenhaus bestellte. Auch wurden in Archiven Dokumente über drei Selbstverbrennungsversuche auf slowakischem Gebiet gefunden, die sich in der zweiten Januarhälfte 1969 abspielten. In allen Fällen litten diese jungen Männer unter psychischen Störungen, darüber hinaus hatte einer von ihnen schon früher Probleme mit der Polizei - aus diesen Gründen riefen ihre Taten fast keine Reaktion hervor. Über die Selbstverbrennung von Michal Leučík am 11. April 1969 in Košice ist bis heute nur sehr Weniges bekannt.