Palach-Woche

„Er starb, weil er möglichst laut aufschreien wollte. Er wollte, dass uns bewusst wird, was mit uns passiert, dass wir sehen, was wir wirklich tun, und hören, was wir wirklich sagen – in dieser Zeit der Zugeständnisse, von denen behauptet wurde, sie seien unentbehrlich, in dieser Zeit der Kompromisse, die als vernünftig präsentiert wurden und der Zeit des Taktierens, von dem Mancher glauben wollte, dass es klug sei. Damals war das Bewusstsein darüber am Verschwinden, dass auch unter dem größten Druck etwas bleiben muss, etwas Grundsätzliches, was nicht mehr verhandelt werden kann und ohne dass das menschliche Leben seine unveräußerliche Würde verliert.“

Aus dem Text der Charta 77 zum 20. Jahrestag der Selbstverbrennung Jan Palachs, 15. Januar 1989

Das Andenken an Jan Palach kehrte in den öffentlichen tschechoslowakischen Raum erst im Jahre 1989 aus Anlass des 20. Jahrestages seines Protestes und Todes zurück. Einige oppositionelle Gruppen (České děti /Tschechische Kinder, Charta 77, Mírový klub Johna Lennona /John-Lennon-Friedensklub, Nezávislé mírové sdružení /Unabhängiger Friedensverein und Společenství přátel USA /Gemeinschaft der USA-Freunde) riefen für Sonntag, den 15. Januar 1989, eine Gedenkversammlung an der St.-Wenzel-Statue im Zentrum Prags zusammen.

Die Situation wurde durch einen anonymen Brief dramatisiert, den der damalige Sprecher der Opposition, Václav Havel, am 9. Januar erhielt. Ein unbekannter Verfasser teilte in dem Brief mit, dass er sich am 15. Januar 1989 am Wenzelsplatz nach dem Vorbild von Jan Palach aus Protest gegen die politischen Verhältnisse anzünden werde. Havel bat daraufhin „Československá televize“ (Tschechoslowakisches Fernsehen), dass es ihm ermöglicht werde, selbst in einer Sendung aufzutreten, um dem möglichen Palach-Nachfolger von seiner Tat abzuraten. Nachdem dies abgelehnt worden war, wandte er sich an die ausländischen Rundfunkstationen (seit Dezember konnte Radio Freies Europa ungestört senden, die seinen Appell sendeten. Ähnlich ging auch die damalige Charta 77-Sprecherin Dana Němcová vor.

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Die Gedenkveranstaltung am Wenzelsplatz wurde von den Behörden verboten und die Vertreter der oppositionellen Gruppen wurden festgenommen. Trotzdem kamen Menschen auf den Platz und auch an den folgenden Tagen gab es Demonstrationen. Meistens wurden sie rücksichtslos mit Wasserwerfern und Einsatzgruppen auseinandergejagt. Am Ende der „Palach-Woche“ am 21. Januar 1989 wurde von den Behörden in Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften auch ein Gedenken am Grab Jan Palachs in Všetaty verhindert.

Havel und Němcová wurden auf Grund ihrer Aufforderungen in westlichen Rundfunkstationen der Aufwiegelei und der Behinderung staatlicher Behörden beschuldigt. Havel wurde zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Mit ihm wurden auch weitere oppositionelle Aktivisten angeklagt, die am Wenzelsplatz festgenommen worden waren. Der oppositionellen Bewegung gelang es im Rahmen einer Kampagne für ihre Freilassung, ihre Isolierung von der Mehrheitsgesellschaft zu durchbrechen. Die gewonnene Unterstützung inspirierte Václav Havel nach der Freilassung zum Verfassen der Petition „Několik vět“ (Einige Sätze).

Demonstrationen gegen das Regime im Januar 1989, bei denen mehr als 1400 Personen von den Sicherheitskräften festgenommen wurden, waren aus diesem Grunde ein Vorzeichen für den Fall des kommunistischen Regimes. Die Führung des Regimes geriet zu dieser Zeit unter großen internationalen Druck. Im selben Zeitraum, in dem friedliche oppositionelle Versammlungen aufgelöst wurden, kam die Wiener Folgekonferenz der OSZE zum Abschluss. Die tschechoslowakische Abordnung wurde wiederholt kritisiert, dass sie ihre internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Menschenrechte nicht einhalte.

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