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Antonín Novotný bei der Neujahrsrede im Jahre 1967 (Quelle: ČTK, foto: Jiří Rubič)
Die Titelseite des Aktionsprogrammes der Kommunistischen Partei (ABS)
Die Teilnehmer auf dem Gründungstreffen des Klubs der damaligen politischen Gefangenen K-231, Žofín, 31. März 1968 (Nationalmuseum)
Die Führung der Kommunistischen Partei in der Spitze des Maizuges 1968. In der ersten Reihe rechts: B. Kučera, J. Piller, F. Kriegel, A. Dubček, L. Svoboda, G. Husák (Quelle: ČTK)
Der Klub der engagierten Parteilosen nahm im Jahre 1968 an dem Maizug teil, der zweite von links der Vorsitzende Ludvík Rybáček und der dritte von links Rudolf Battěk (1.Mai 1968, Quelle: ÚSD)
Der Autor des Manifests  „2000 Wörter“ war Ludvík Vaculík (Quelle: Nationalmuseum)
Die Okkupationspanzer in Prag, 21. August 1968 (Quelle: Nationalmuseum)
Die von Blut der Toten befleckten Züge, Prag, 21. August (Quelle: Nationalmuseum)
Die Soldaten schossen auch das Nationalmuseum ab. Die vor dem Gebäude stehenden Menschen versteckten sich vor den Schüssen in der Nähe des Ortes, wo Jan Palach ein halbes Jahr später seine Tat verwirklichte. (Quelle: Nationalmuseum)
Die Plakate gegen die Okkupation in Brünn (Quelle: Nationalmuseum, Foto: Dušan Blaha)
Die im August in Vsetín entstandene Aufschriften (Quelle: Nationalmuseum)

Prager Frühling

„Im Frühling dieses Jahres kam wieder, ähnlich wie nach dem Krieg, eine große Gelegenheit zurück. Wir haben wieder die Gelegenheit, unsere gemeinsame Angelegenheit in die Hände zu nehmen, die den Arbeitsnamen Sozialismus trägt, und ihr die Form zu geben, die besser unserem damals guten Ruf und der recht guten Meinung, die wir über uns ursprünglich hatten, entspricht. Dieser Frühling endete jetzt und kommt nicht zurück. Im Winter erfahren wir alles. Damit endet unser Manifest, das für die Arbeiter, Landwirte, Beamte, Künstler, Wissenschaftler, Techniker und alle andere bestimmt ist. Geschrieben aus Veranlassung der Wissenschaftler.“

Das Manifest 2000 slov (200 Wörter), 27. Juni 1968

Seit Anfang der 60er Jahre entspannte sich schrittweise die politische Situation. Die Mehrheit der politischen Gefangenen bekam eine Amnestie und wurde im Rahmen dessen im Mai 1960, 1962 und 1965 freigelassen. Eine wesentliche Wiederbelebung kam vor allem in der Kultur zu Vorschein, besonders die weltberühmten Filme der tschechoslowakischen neuen Welle. In den akademischen Instituten entstanden erste Reformpläne, welche die immer schlechtere Wirtschaftssituation lösen sollten.

Während der Regierung des ersten Generalsekretärs von ÚV KSČ (Zentralkomitee der tschechoslowakischen kommunistischen Partei) und des tschechoslowakischen Präsidenten Antonín Novotný, der die Spitze der Machtpyramide in der Zeit der massenhaften politischen Prozessen erreichte, gab es einen Wechsel zwischen Entspannung und Verschlimmerung der Situation. Schritt für Schritt bildete sich gegen ihn eine Opposition innerhalb der Partei, die im Januar 1968 zu einem Rücktritt der Führung der kommunistischen Partei erreichte. Es gab mehrere Ursachen für Novotnýs Sturz – die Wirtschaftskrise, die slowakische Frage oder die Streitigkeiten mit bestimmten Gruppen der Bevölkerung, unter welche die Hochschulstudenten gehörten.

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In die Führung der Kommunistischen Partei wurde anschließend Alexander Dubček gewählt. Sein Name ist mit einer kurzen, achtmonatigen Zeit verbunden, in welcher die demokratischen Reformen sehr rasch verliefen: Am Ende März 1968 wurde der Zensur ein Ende gemacht und die Medien beschäftigten sich mit den Fragen der jüngsten Vergangenheit, die vorher ein Tabu waren. Unter dem Einfluss solcher Nachrichten musste Antonín Novotný als Präsident zurücktreten und wurde durch Ludvík Svoboda ersetzt, der Reformen unterstützte. Auch weitere Funktionen wurden mit Politikern besetzt, die Reformen durchsetzten. Im April 1968 genehmigte das ÚV KSČ das Aktionsprogramm, in dem die Kommunistische Partei ihre Reformpläne vorstellte.

Die Menschen ließen sich von den unerwarteten Ereignissen im Frühling 1968 spontan begeistern und die 1.Mai-Feier wurde zum Symbol. Die aktive Gesellschaft verlangte jedoch in dieser Zeit weitgehendere Reformen, als die Kommunistische Partei erlauben wollte. Auch die größten Reformanhänger in der Führung der Partei schauten sich die Aktivitäten des neu gegründeten Klubs der engagierten Parteilosen (KAN), die Versammlung der damaligen politischen Gefangenen (K 231) oder die Bemühungen um die Erneuerung der Sozialdemokratie genau an. Durch das Manifest „2000 slov“ von dem Schriftsteller Ludvík Vaculík wurde die Führung der KSČ wörtlich in Schrecken versetzt. Es wurde Ende Juni 1968 in der wöchentlich erscheinenden Zeitung Literární listy veröffentlicht. Die Verweigerungshaltung wurde auch durch die Reformvertreter in der Kommunistischen Partei fest beibehalten.

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In dieser Zeit liefen bereits einige Verhandlungsgespräche zwischen tschechischen Politikern und den sowjetischen Vertretern, während dieser forderte die Sowjetunion zur Abstellung der Reformen auf. Es gab Druck auch seitens anderer „brüderlichen“ kommunistischen Parteien, vor allem seitens der Vertreter aus Polen und der DDR. Alexandr Dubček versprach zwar einzuschreiten, aber unternahm keine größeren Schritte. Der diplomatische Druck wurde deshalb durch eine militärische Lösung ersetzt: in der Nacht zum 21. September 1968 wurde die Tschechoslowakei durch die Truppen der fünf Warschauer-Pakt-Staaten besetzt. Einige führende Vertreter der Tschechoslowakei, einschließlich des Generalsekretärs des ZK wurden in die Sowjetunion entführt. Die Invasion löste einen nationalen Widerstand aus, aufgrund desssen die Besetzer keine kollaborierende Regierung bilden konnten.. Einer der Höhepunkte des Prager Frühlings war der XIV. Außerordentliche Parteitag der Kommunistischen Partei in dem Stadtteil Vysočany. Dort verloren, auch wenn nur kurzfristig, alle Reformgegner ihre Macht. Erst der Präsident Ludvík Svoboda rettete die Okkupanten aus der unangenehmen Situation. Er fuhr mit einigen ausgewählten Politikern nach Moskau und überzeugte die entführten Vertreter der Kommunistischen Partei von der Unterzeichnung des Kapitulationsvertrages mit der Sowjetunion.

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