Josef Hlavatý

* 4. Dezember 1943, Křimice

† 25. Januar 1969, Pilsen

„Sein Gesundheitszustand ist kritisch. Beim Transport ins Krankenhaus sagte Hlavatý nur, wie er heisst, wo er wohnt und auf die Frage des Arztes, warum er seine Tat begangen hat, behauptete er, er habe es als Protest gegen die Russen gemeint, er habe sie nicht gern.“

Aus dem Bericht über Ausnahmesituationen der Öffentlichen Sicherheit,

21. Januar 1969

Am 20. Januar 1969 hat sich der fünfundzwanzigjährige Arbeiter Josef Hlavatý in Pilsen mit Petroleum übergossen. Als erster Nachahmer von Jan Palach starb er im Krankenhaus fünf Tage später.

Laut des Berichts des Innenministeriums wurden alleine auf dem tschechischen Gebiet vom 16. bis 31. Januar 1969 insgesamt 10 Selbstverbrennungsversuche registriert, zwei davon endeten mit Tod. Neben Jan Palach starb an den Folgen der Verbrennungen auch Josef Hlavatý, der sich am 20. Januar 1969 etwa um 8 Uhr abends in Pilsen auf dem Dukla-Platz (heutiger T. G. Masaryk-Platz) in der Nähe der Tschechoslowakischen Staatsbank angezündet hat. Vorbeigehende Fussgänger haben den brennenden Mann gelöscht und die Ambulanz gerufen. Hlavatý hat seine Tat an einem symbolischen Ort begangen. In der Vergangenheit stand an dieser Stelle das Denkmal der Nationalen Befreiung vom Jahre 1918, dessen Dominante die Statue des ersten tschechoslowakischen Präsidenten Masaryk war (im Jahre 1989 wurde es hier wieder aufgebaut).

Am Tatort haben Menschen einige Stunden nach der Tat diskutiert, es versammelten sich allmählich etwa bis zu 150 Personen. Jemand hat die Staatsflagge gebracht, auf der eine Dornenkrone gelegt wurde. Dazu wurde ein aus der Zeitung ausgeschnittenes Bild von Jan Palach gelegt, bei dem Menschen Kerzen anzündeten. Am gleichen Abend wurde die Öffentlichkeit über die Tat von Hlavatý informiert. Der Präsident Ludvik Svoboda hat ihn nämlich bei seiner live übertragenen Fernsehrede erwähnt und junge Menschen auf diesem Wege dazu aufgefordert, sich nicht nach Palachs Vorbild zu verbrennen.

„Ich habe gerade die schreckliche Nachricht bekommen, dass sich in Pilsen schon wieder ein junger Mensch das eigene Leben nehmen wollte“, sagte der offensichtlich schockierte Politiker. Seine Befürchtung, dass es sich vielleicht um ein Mitglied der Palach-Gruppe handelt, bestätigte sich nicht.

Schon am zweiten Tag haben der tschechoslowakische Rundfunk und das Fernsehen veröffentlicht, dass Josef Hlavatý ein problematischer Alkoholiker war, der sein Leben nicht im Griff hatte. Sein Selbstverbrennungsversuch sei nicht in Verbindung mit seinem Vorgänger zu bringen, den er nicht einmal persönlich gekannt hat. Ähnlich beschrieb ihn das Tagesblatt Rudé právo, mit dem Hinweis auf das Innenministerium.

Laut der Archivdokumente der Ermittlung hat es sich im Fall Josef Hlavatýs um einen jungen Mann mit vielen persönlichen Problemen gehandelt. Er ist in der Familie eines ehemaligen Aufsehers des Gefängnisses Borská věznice in Pilsen aufgewachsen. Er machte zuerst die Lehre zum Gießer, aber wegen häufiger Fehlstunden und Alkoholproblemen wurde er von Ausbildung ausgeschlossen. Dann wechselte er ein paar Mal seine Arbeit, zuletzt war er in der Pilsner Brauerei angestellt. Im Jahre 1964 heiratete er und hatte zwei Kinder. Seine Ehe war allerdings nicht besonders glücklich, nach vier Jahren hat ihn seine Frau verlassen und die Scheidung beantragt. Nicht einmal zwei Wochen vor der tragischen Tat, am 9. Januar 1969 wurde ihre Ehe geschieden. Die Ermittler haben festgestellt, dass er diese Tatsache nicht ertragen konnte und vor allem hat er darunter gelitten, dass die Erziehung der Kinder durch das Gericht der Mutter zugesprochen wurde. Laut ihrer Aussage sowie der Aussagen einiger seiner Freunde hatte er manchmal über Selbstmord gesprochen.

Seine Exfrau hat auch behauptet, dass sich Jan Hlavatý nie um die Politik gekümmert hat, was aber andere Zeugen teilweise verneinten, wie in dem Bericht über die Ermittlungsergebnisse steht. „Im August 1968 war er sehr aktiv, ganze Nächte verbrachte er beim Rundfunk in Pilsen und nahm an Protesten teil, zum Beispiel war er dabei, als die Menschen Strassenschilder runternahmen oder antisowjetische Parolen aufschrieben. Seit dieser Zeit hatte er ein feindliches Verhältnis zur Sowjetunion. Vorher sympathisierte er aber, wie seine Eltern, mit der Politik der UdSSR.In den letzten Tagen ist Hlavatý nachdenklicher geworden, man weiss aber nicht, ob die Scheidung oder der Einfluss von Jan Palachs Selbstverbrennung der Grund war. Über ihn hatte Hlavatý aber mit niemanden gesprochen.“

Am entscheidenden Tag verbrachte Josef Hlavatý einige Zeit im Restaurant Lidový dům, wo er ein paar Bier getrunken hat. Circa um 19 Uhr ging er zu seinen Eltern, wo er einen Flasche Petroleum genommen hat und leicht bekleidet ging er zum etwa 100 Meter entfernten Dukla-Platz, wo er sich anzündete. Mit schweren Verbrennungen wurde er vom Tatort in das Krankenhaus in Pilsen gefahren. Er erlitt Verbrennungen dritten Grades im Gesicht, an der Brust, am Bauch und Verbrennungen zweiten Grades am Rücken und am Kopf. Am 25. Januar 1969 ist er im Krankenhaus gestorben. Weil die politische Motivation seiner Tat bezweifelt wurde, hat man ihn in Stille beigesetzt.

Literatur: >>>

BLAŽEK, Petr – EICHLER, Patrik – JAREŠ, Jakub a kol: Jan Palach ´69. FF UK – ÚSTR – Togga, Praha 2009.