Kindheit

Im Kollektiv war er für seinen höflichen und freundlichen Umgang mit seinen Mitschülern beliebt. Er war still, nachdenklich, sehr belesen, er interessierte sich schon in den ersten Jahren für Natur, Technik und Geschichte.

Bewertung des Grundschuldirektorats in Všetaty, 3. März 1969

Die Lebensgeschichte Jan Palachs unterscheidet sich bis zum 16. Januar 1969 nicht im Wesentlichen von den Geschichten anderer seiner Generation. Er ist in Všetaty bei Mělník aufgewachsen, in einem Städtchen etwa 50 km von Prag, wo er am 11. August 1948 in einem privaten Sanatorium geboren wurde.

Sein Vater Josef Palach hatte seit der Hälfte der dreißiger Jahre eine Konditorei mit einem Geschäft. Seine Frau Libuše, geborene Kostomlatská, kümmerte sich um den Haushalt. Sie nahmen aktiv am gesellschaftlichen Leben teil: sie übten in „Sokol“ mit und spielten Amateurtheater, Josef Palach war Mitglied der Tschechoslowakischen volkssozialistischen Partei und Libuše Palachová war Mitglied in der evangelischen Gemeinde im nahen Dorf Libiš. Sie bemühten sich, ihre Söhne - Jan und den erstgeboren Jiří (1941) - im Geiste der Ersten Republik und mit patriotischen Traditionen zu erziehen.

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Zu Beginn der 50er Jahre mussten sie, wie die meisten Selbstständigen, ihre Konditorei schließen und einige Jahre später auch die Produktion von Feingebäck stoppen. Josef Palach war dann als Arbeiter in der Gesellschaft „Mlýny a pekárny“ (Mühlen und Bäckereien) in Brandýs nad Labem angestellt und Libuše Palachová bagann als Verkäuferin im Bahnhofsrestaurant der staatlichen Organisation „Restaurace a jídelny“ in Všetaty arbeiten. Trotz dieser Erfahrung trat Libuše Palachová im Jahre 1957 in die Kommunistische Partei ein. Der Grund war klar - sie wollte, dass ihre Söhne später studieren konnten. Im Jahre 1962 hat die Familie einen Schock erlebt, als Josef Palach an Herzinfarkt starb. Der ältere Sohn war schon erwachsen, Libuše Palachová blieb also nur mit Jan zu Hause.

Laut Erinnerungen von Miroslav Slach, der an der Grundschule in Všetaty Geschichte unterrichtete, war Jan Palach ein leidenschaftlicher Schachspier und Leser. Er liebte abenteuerliche und historische Romane. Er trieb auch gerne Sport, er turnte in der lokalen Sokol-Turnhalle und ging in der Umgebung des Städtchens Všetaty laufen. Im September 1963 ging Jan auf das Gymnasium. Laut Erinnerungen dortiger Lehrer gehörte er eher zu den durchschnittlichen Schülern, ragte aber in Geschichte, Erdkunde, Sozialkunde und Biologie heraus. Sein Abitur legte er im Juni 1966 ab.

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